30. Juli 1996
Kolumne
Die Botschaft der Kunst
Gedanken zur Situation der musizierenden Jugend in Österreich. Der Präsident des Vereines ARTES IUVENTUTIS über die Aufgaben und Zielsetzungen dieses neuen Projekts. Von Florian WILSCHER
In einer Zeit, in der das Angebot an Veranstaltungen in allen Bereichen der Kunst ein nahezu unüberschaubares Ausmaß angenommen hat - Kurse, Seminare, Workshops, Konzerte, Kulturtage und dergleichen schießen ja förmlich aus dem Boden - stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit eines Vereins zur Förderung der musizierenden Jugend. Was also kann zwölf junge Musiker und Künstler dazu veranlaßt haben, solch einen Verein zu gründen? Meiner Antwort möchte ich eine recht gewagte Behauptung an den Anfang stellen: Gemeinsames Musizieren, sei es in der Instrumental-Kammermusik oder im Vokalensemble, zu Hause, mit der Familie oder mit Freunden, besitzt lange nicht den Stellenwert, der für die persönliche Entwicklung jedes jungen Menschen, vor allem auf sozialer Ebene, sowie für das Heranreifen zu einem verantwortungsbewußten und offenem Menschen, von wirklich großer Bedeutung und Notwendigkeit wäre. Ich meine, jeder, der schon einmal Kammermusik gemacht hat, wird wissen, wie schwierig es ist, einen gemeinsamen Atem zu finden, eine gemeinsame Spannung aufzubauen und die richtige klangliche Balance zu erreichen. Miteinander zu musizieren erfordert vor allem eines: Das Sich-Lösen von jeglichem solistischen Egoismus.
Jede Kunst kann, wenn man sich dessen bewußt ist, dazu beitragen, unsere Welt menschlicher und friedvoller werden zu lassen
Gute Kammermusik kann niemals aus einem Gegeneinander entstehen, sondern braucht immer ein Sich-Öffnen-Können für Neues, Anderes, oftmals auch Ungewohntes, braucht aber auch große Sensibilität und Wachsamkeit, sowie den Respekt der Musiker voreinander und ein Verantwortungsempfinden füreinander. Nur so kann aus vielen verschiedenen Stimmen ein gemeinsames, lebendiges Ganzes entstehen. Ein Ganzes, an dem jeder auf seine persönliche Art teilhat, seinen Individualismus jedoch der intensiven Erfahrung des „Miteinanderfühlens“ unterstellt, und fried- und freudvolle Momente erleben kann.
Genau das ist der Grundgedanke, ist die Basis für alle Aktivitäten, die ARTES IUVENTUTIS setzt und weiterhin setzen möchte. Unser Verein will der jungen Generation eines ganz bewußt machen: Kunst ist nicht nur ein Zeitvertreib, ein schönes und entspannendes Hobby ohne weitere Bedeutung, nein!, jede Kunst kann, wenn man sich dessen bewußt ist, dazu beitragen, unsere Welt menschlicher und friedvoller werden zu lassen. Eben dafür will sich der Verein ARTES IUVENTUTIS mit allen Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen, einsetzen, weil ich glaube, daß das eine Aufgabe ist, die besonders für unsere heutige Gesellschaft von existenzieller Bedeutung ist.
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Aktuelle Pressestimme zum Thema
In der Eröffnungsrede der Bregenzer Festspiele stellte Bundespräsident Dr. Thomas Klestil grundsätzliche Fragen zum Kunst- und Kulturbetrieb in Österreich. So kommt er unter anderem in diesem Zusammenhang auch auf die Rolle der Jugend zu sprechen und fragt: „...Wie konsequent und erfolgreich fördern wir das kreative Potential der Jugend - als unverzichtbare Voraussetzung einer aktiven Kultur- und Persönlichkeits-Entwicklung? Unternehmen wir genug, um die Freude junger Menschen am Lesen und Musizieren, am Spielen und an der Gemeinschaft zu wecken - als Schutzwälle gegen die passiv machende Bilder- und Unter-haltungsflut unserer Tage? [...]“ (zit. aus: „Die Presse“, Montag, 22. Juli 1996) Wir danken dem Bundespräsidenten für diese Worte und werden ihm ein Exemplar dieser Zeitschrift zusenden.