Artes Iuventutis
Vom Singen und Tanzen...
...lernten sie in den 10 Tagen wohl einiges – jedoch genausoviel
von den Härten des Berufs, vom Umgang mit Kollegen in Streßsituationen,
und auch jeder ein wenig über sich selbst.
Die 14 Mädchen vom Musical-Kurs brachten wirklich
Erstaunliches zustande: Innerhalb von 10 Tagen stellten sie eine einstündige
Musical-Produktion auf die Bühne.
Ein Bericht von Martin Jeff Frohner
Zu Beginn wurden von uns die bereits vorhandenen Fähigkeiten
getestet. Auf gesanglicher Basis bedeutete das ihre erste Audition (Vorsingen).
Was so lapidar klingt, ist in Wahrheit ein äußerst schwieriges
Unterfangen. Für beide Seiten. Man nehme ein 15jähriges Mädchen,
gebe ihm 24 Stunden davor einen Haufen Noten und stelle es dann in einen
Raum mit dem vermutlich angehimmelten Musical-Sänger und einem Pianisten
und verkünde den Befehl ”sing!”. Heraus kommt eine Mixtur aus 10%
ergeizigen Solokünstlerinnen, 50% ”ich trau´ mich nicht so recht,
deshalb sing ich so leise, daß er mich nicht hört”-Kandidatinnen,
20% recht professionell agierender Sängerinnen und 10% Totalverweigererinnen
(”Nein, ich singe nicht !!”).
Letztendlich wurden dann alle Rollen vergeben und sogar
die Totalverweigererinnen zum Singen bewogen.
Inzwischen wurden die beiden Ensemble-Nummern (”We Beseech
Thee”, ”God Save the People”) einstudiert. Das Problem dabei tauchte erst
auf, als es galt, Choreographie und Gesang zu verbinden. Aber auch diesen
härtesten aller Fälle meisterten die Mädchen. Selbst die
anfänglichen Totalverweigererinnen zeigten plötzlich so manch
verborgenes Talent.
Während
dieser Proben schrieb Harald Tauber das Textbuch und die Szenenbilder,
Tanja Linzbichler die Choreografien und ich das Orchesterarrangement. ”Während”
heißt so viel wie: in den Nächten dazwischen.
In den Nächten dazwischen schonten aber auch manche
Sängerinnen ihre Stimmen nicht, sie konnten nicht genug kriegen und
veranstalteten nächtliche Musical-Sessions, was sich tags darauf bei
den Proben mit leichtem Kratzen in der Stimme rächte. So bekam die
Musical-Gruppe einen probefreien Tag, den sie sich auch wirklich verdient
hatte.
Bei den Proben zu den Solo-Nummern (sowohl gesanglich
als auch tänzerisch) zeigte sich ein weiteres Phänomen: der Neid
(s.o. ”Härten des Berufs”). Außerdem mußten just jene
zwei Mädchen, die sich am wenigsten vertrugen, eine gemeinsame Tanznummer
einstudieren. Da man es sich im Beruf (und das ist ja ihr Wunsch)
auch nicht aussuchen kann (s.o. ”Härten des Berufs”, ”Umgang mit Kollegen”),
kämpften sie sich darüber hinweg, arbeiteten professionell und
lieferten eine perfekte Tanznummer.
Die Orchesterproben waren für mich die größte
Überraschung, da ich nicht ahnte, wie verschieden die Musik-Stile
Klassik und Musical sind. Nachdem sich die MusikerInnen die für sie
vollkommen neuen Phrasierungen einverleibt hatten, spielten sie auch in
diesem musikalischen Neuland bravourös. So unmöglich es mir am
Anfang erschien, so perfekt verschmolzen schlußendlich bei Generalprobe
und Aufführung alle Einzelteile – vom Orchester über Chor, Sologesang,
Tanz und Schaupiel bis zum Bühnenbild – ineinander.
Gelernt haben die Mädchen Einiges, es wäre
unmöglich alle Bereiche aufzuzählen. Vom Zwischenmenschlichen
kann ich nur ahnen, vom Musikalischen kann ich berichten: Es sind sicher
ein paar Mädchen dabei, die, wenn sie so weiter machen, in vier bis
fünf Jahren auf einer der großen Musical-Bühnen Österreichs
stehen könnten.