25. Jänner 1997
Musik & Fitness
Der Atem - unser aller Energiequell
Eine Anleitung zum Atmen von Ulli Engel
Wie versprochen, soll sich die zweite Ausgabe dieser Reihe
mit dem Atem beschäftigen. Rund um dieses Thema gibt es, wie wahrscheinlich
jeder weiß, viele Lehren, Theorien und Meinungen. Warum wohl?
Wahrscheinlich weil der Atem unser aller Energiequell ist, auch wenn wir
ihn sehr oft nicht bewußt wahrnehmen. Viele verschiedene Menschen
bringen natürlich viele verschiedene Ideen und Ansichten. Genug der
langen Vorrede!
Ich werde in diesem Artikel keine Auswahl und Zusammenfassung der bekanntesten
Atemlehren bringen und auch keine neuen Ideen von mir geben.
Ich möchte versuchen - soweit es dieser Rahmen zuläßt -
anzuleiten, den eigenen Atem wahrzunehmen und zu spüren, und Unterschiede
erkennen zu lernen.
Zum Anfangen begib Dich in eine entspannte Position, egal ob stehend, sitzend
oder liegend; entspanne Kopf, Kiefer, Nacken, Schulter, Arme, Kniegelenke
und beobachte Deinen Atem. Fühle, wohin Dein Atem geht. Bewegt sich
der Brustkorb, der Bauch, die Seitenflanken...? Wenn Du festgestellt hast,
wie Dein Atem im Moment funktioniert, probiere hintereinander Folgendes
aus und beobachte, ob und wie sich Dein Atem ändert:
1.) Gähne!
2.) Erschrecke!
3.) Hechle - so wie ein Hund oder wenn man außer Atem ist.
Wahrscheinlich wirst Du bemerken, daß sich Dein Atem bei diesen Aktionen
bis tief in den Bauch ausdehnt. Dieses Tiefgehen des Atem soll unser heutiges
Ziel sein. Und dazu gibt's gleich zwei weitere Übungen zu ,bewußt
spüren":
1.) Setze Dich auf Deine Knie am Boden und lege den Oberkörper auf
die Oberschenkel und den Boden. So ist der Rücken ganz entspannt,
und man kann besonders gut fühlen, wie sehr sich der Atem im Unterbauch
und im Rücken ausdehnt.
2.) Spanne Deinen Schließmuskel so fest Du kannst an (,Du mußt
aufs Klo!!"), und laß dann während des Ausatmens los. Beobachte
jetzt das darauffolgende Einatmen.
Sänger vergleichen diese tiefe Bauchatmung oft mit
einem ,Schwimmreifen". Wir sind uns sicher alle bewußt, wie
wichtig das Atmen bei Sängern und bei Bläsern ist. Streicher
und Pianisten, Schlagzeuger und Gitarristen etc. vergessen oft, daß
auch bei ihrem Musizieren das Atmen im Mittelpunkt steht. Jeder Einsatz,
jeder Auftakt, jede musikalische Phrase (Spannung - Ent-Spannung = Ein-
und Ausatmen) ist mit dem Atem verbunden.
Ich möchte Dich ermuntern, auch einmal beim Musizieren Deinen Atem
zu verfolgen - das ist nämlich gar nicht so leicht! Versuche, Deine
Tempovorstellung eines Stückes, das Du gerade spielst, mit Deinem
Atemrhythmus in Einklang zu bringen und dabei trotzdem den Atem bis in
den Unterbauch zu spüren (enge Hosen und ein voller Bauch sind dafür
übrigens recht ungeeignet!). Laß Dir vielleicht auch von jemandem
die Atmung kontrollieren, indem die Person eine Hand auf Deinen Bauch und
eine auf den Rücken legt.
Bei Aufregung und Nervosität kann eine Atmung, die bis in den Bauch
geht, unglaublich beruhigend sein. Wichtig ist, daß Du den Atem kommen
und gehen läßt, ohne bewußt steuern und eingreifen zu
wollen. Konzentriere Dich immer mehr auf das Ausatmen, da das Einatmen
sowieso von selber kommt.
Die Bauchatmung ist nur die Grundlage für alle fortführenden
Übungen, ob Yoga, Atemvisualisierung, polares Atmen und, und, und.
Für alle, die hier mitmachen wollen, findet sich sicher am nächsten
Camp in Edlitz Zeit. Wer sich am besten jetzt gleich mehr mit Atem beschäftigen
will, dem empfehle ich zu Yogalehrern, Atemtherapeuten, zu Sängern
und Bläsern zu gehen, weil hier das Beobachten und Beobachtet-Werden
eine ganz wichtige Rolle spielt. Auch ich stehe für Fragen und Übungen
natürlich jederzeit zur Verfügung.
(Ulli ist auch via e-Mail kontaktierbar: ulli.engel@blackbox.at)